Theater-AG „Oktopus“ des Remchinger Gymnasiums zeigt modernes „Romeo und Julia“
Remchingen (zac). Wie nimmt man es am besten mit Shakespeare auf und schafft es, Romeo und Julia auch über 400 Jahre nach der Uraufführung in den Lehrplan zu packen? Diese Frage stellte sich Marie Schwarz, Lehrerin am Remchinger Gymnasium – und schrieb kurzerhand selbst ein Theaterstück. Dieses brachte sie nun an zwei Tagen mit ihrer Theater-AG „Oktopus“ eindrucksvoll auf die Bühne des Singener Paul-Gerhardt-Gemeindehauses. 16 Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen sechs bis zehn brachten die Tragödie unter dem Titel „Stirbt Romeo freitagnachmittags?“ ins Hier und Heute und zeigten, dass der Kern noch immer aktuell ist.
Dabei bedienten sie sich mehrerer Ebenen: Die Hausaufgabenbetreuung der Unterstufenschüler wird gehörig aufgemischt, als sich ein paar coole Mittelstufenschüler zum Nachsitzen unter die „nervigen Zwerge“ mischen. Um eine Drei in Verhalten abzuwenden, sollen die Nachsitzer ein Sozialprojekt starten. Dabei fällt ihnen die Lektüre von Shakespeare in die Hände. Zunächst erzählen sie den Jüngeren das Original – mithilfe einer Diashow, die Zehntklässler Ferry Herzog mit seinen Klassenkameraden zuvor in Szene gestellt und fotografiert hatte. Dann geht es in die Moderne, wobei den jungen Schauspielern die Tatsache, dass zwei von ihnen aufgrund eines Familienstreites untereinander verfeindet sind, nicht ungelegen kommt.
So schlüpft Ronja (gespielt von Sarah Essig) in die Rolle der modernen Julia Kießling und versammelt die „grünen Caps“ um sich (Toni Schmidt, Emna Ben Hadj Ali, der kurzfristig eingesprungene Philipp Hangstörfer, Judy Herrmann, Miriam Hasin, Romy Ehlen und Elisa Vogel). Schüler Harry spielt derweil Romeo Macke (Cederic Dietz) und gehört zur Gang der „roten Caps“ (Freya Ferdinand, Mika Herzog, Aicha Ben Hadj Ali, Hannah Essig, Lara Kraeft, Linda Kroll, Mia Reitenbach). Bleibt nur die Frage, wie dramatisch man den Tod der beiden haben möchte: „Auf Gleis Neundreiviertel versehentlich in den Hogwarts-Express steigen oder den Porsche des Vaters klauen und am Baum zu Ketchup werden“?
Als es soweit kommt, stockt das Spiel und die Schauspieler wenden sich ans verdutzte Publikum: „Schau nicht so, Dad, und du auch nicht, Mum – ihr habt doch alle denselben Mist am Laufen“, stellen die Schüler fest, „Ihr wohnt Haus an Haus und redet nicht mit euren Nachbarn, nur über den Anwalt. Wir machen erst weiter, wenn ihr euch in die Hände schaut und euch die Hände gebt.“ Das Publikum folgt zunächst zögerlich, doch nimmt dann die Hände zum Gruß des Nachbarn – und anschließend für einen langen Applaus.
Text und Fotos: Julian Zachmann