„Nachvollziehbar und verständlich sind die Ereignisse nicht“
Am 16.10.2019 besuchte die K2 die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof im Rahmen einer Geschichtsexkursion. Dieses liegt im Elsass auf einem 800m hohen Gipfel der Vogesen, unweit des Ortes Natzweiler und ca. 60km von Straßburg entfernt.
Die Exkursion startete mit ca. 3h Busfahrt, die sich im extra bestellten Doppeldecker jedoch als recht komfortabel erwies. Nach 2 3/4h erreichten wir den Fuß des Mount Louise, auf dem sich das ehemalige Lager befand. Beinahe 20 Minuten schlängelte sich die enge Straße den Berg hinauf, wurde immer steiler und mündete schließlich auf einer Lichtung mit Parkplatz. Bereits beim Aussteigen fiel der Temperatursturz auf und der kühle Wind veranlasste einige die Jacken doch noch aus dem Bus zu holen. Nach einem kurzen Fußweg, vorbei am neu erbauten Museum, kam das Lagertor in Sicht, das durch seine Größe und Verstärkungen mit Stacheldraht einen bedrohlichen Schatten auf unsere Gruppe warf. Direkt daneben befand sich ein Plateau, das einen guten Gesamtüberblick auf das Lager bot. Als erstes stach einem das riesige flammenförmige Mahnmal ins Auge, danach die wieder aufgebaute Museumsbaracke und schlussendlich erst der Ausblick über die Vogesen, den man nicht so recht genießen konnte.
Das Lager liegt an einem steilen Hang, der ursprünglich für Wintersport genutzt wurde und an dem regelmäßig Erholungsurlaube aufgrund der guten Luft gemacht wurden. Jedoch entdeckte der Geologe und SS- Obersturmbannführer Karl Blumberg 1940 dort einen selten roten Granit, für den er den deutschen Architekt Albert Speer begeistern konnte. Dieser wollte in Berlin mit diesem Stein eine „Welthauptstadt Germania“ errichten, wie uns von den Lehrern mitgeteilt wurde. Daraufhin wurde beschlossen, dort ein Konzentrationslager mit etwa 4000 Gefangenen zu errichten. 1941 startete der Bau.
Um den Hang zu bebauen, wurde eine Terrassenbauweise angewendet (s. Bild). Auf jeder Terrasse standen zwei Baracken für die Gefangenen, in der Mitte eine Treppe aus Stein. Diese Treppe sorgte bei uns erst für Verwirrung, als uns die ungleichmäßige Stufenhöhe und der unebene Stein ins Auge fielen. Der Grund: Diese besondere Treppenart sollte die geschwächten Häftlinge schikanieren und ihnen das Gehen möglichst schwer machen.
Die Museumsbaracke, die am höchsten Punkte dieser Stufen steht, dient heute als „Einleitung“ zum Lager. In ihr befinden sich etliche Bilder, Gegenstände, Pläne und sogar ein Bett der Gefangenen. Die in Gruppen aufgeteilten Kurse bearbeiteten hier Aufgaben und erfuhren so die Details über das Lager.
Die Kleingruppen erkundeten dann auch den Rest des Lagers, wie zum Beispiel das Krematorium mit Verbrennungsofen, den Raum für medizinische Experimente mit Seziertisch, auf welchem grausame pseudomedizinische Versuche durchgeführt wurden, und das Lagergefängnis. Hier beantworteten die Kurslehrer viele Fragen und erklärten Einzelheiten und Details, wie zum Beispiel die Sicherheitszone um den Lagerzaun. Diese Zone misst genau 15m zwischen Zaun und Lagerinnerem. Setzte ein Gefangener auch nur ein Fuß in diesen Bereich, wurde er erschossen. Demnach gab es auch wenig Fluchtversuche aus dem Lager und auch nur ein einziger gelang. Ein Häftling schaffte es, sich die Uniform eines Kommandanten anzueignen und entkam.
Nach etwas mehr als 3h verließen wir das Lager, mit viel Gesprächsstoff und Eindrücken, die man nicht so schnell vergisst. Immer wieder ging einem durch den Kopf, dass nahezu 22.000 Menschen hier starben und menschenunwürdige Grausamkeiten verübt wurden. Man fragte sich, wie Menschen anderen Mitmenschen so etwas antun konnten. Warum die Kommandanten nicht an der NS Ideologie zweifelten. Weshalb die Menschen die Vorkommnisse unterstützt haben. Man kannte zwar die Antworten aus den Geschichtsbüchern, aber nachvollziehbar und verständlich sind die Ereignisse nicht. Doch genau deshalb fand ich diese Exkursion Augen öffnend, da sich jeder über den dunklen Teil der deutschen Geschichte bewusst sein sollte und damit umzugehen weiß.