Eine Sendung des Deutschlandfunks für junge Menschen
Von Alisa Dittler 10b
Bei der Klassenarbeit zur Unterrichtseinheit „Ethik“ konnten die Schüler:innen im Religionsunterricht der Klasse 10 von Herrn Tinkl folgende kreative Aufgabe wählen. Sie durften dafür ihren Ordner benutzen und hatten 90 Minuten Zeit.
Sollte ein Schwangerschaftsabbruch unter Strafe stehen? Darüber wird aktuell in den USA und in Deutschland gerade wieder diskutiert. Der Deutschlandfunk möchte in einer Sendung für junge Menschen ab 16 umfassend über das Problem informieren und verschiedene Positionen zu Wort kommen lassen.
Verfasse ein Manuskript (Sprechtext) für diese Sendung.
Überlege dir, welche Informationen die Zuhörer bekommen und welche Experten befragt werden sollen.
Du kannst die Zuhörer „locker“ ansprechen und auch Vorschläge für passende Musik als Intro, Unterbrechung und Outro (Schluss) machen.
Es sprechen: eine Moderatorin, ein Vertreter der EKD, ein katholischer Pfarrer, eine Lebensschützerin, eine feministische Theologin, ein utilitaristischer Philosoph, ein deontologischer Philosoph
Moderatorin: Sollte ein Schwangerschaftsabbruch unter Strafe stehen? Was spricht dafür, was dagegen? Diese Fragen sind aktuell oft in den USA und Deutschland zu hören. Wir beim Deutschlandfunk möchten gerade unseren jüngeren Zuhörern zeigen, wie sich all diese Fragen beantworten lassen. Betrachten können wir sie dabei aus der Perspektive verschiedener Religionen, aber auch aus verschiedenen ethischen Richtungen. Die wohl verbreitetsten Sichtweisen sind vermutlich die christlichen. Doch was viele nicht vermuten ist, dass es innerhalb des Christentum und besonders unter den evangelischen Christen viele verschiedene Meinungen gibt. Hören wir zuerst einen Vertreter der EKD, der Evangelischen Kirche in Deutschland.
EKD-Vertreter: Grundsätzlich gilt im Christentum ein klares Tötungsverbot. Allerdings sollten wir auch bedenken, dass kein menschliches Leben, auch nicht das ungeborene, absolut ist und immer über allem steht. Auch wenn das ungeborene Leben zu schützen ist, wissen wir nicht, was die Frau zu einer Abtreibung bewegt, weshalb ein Verbot aus Sicht der EKD ein falsches Zeichen wäre.
Moderator: Also lehnen sie ein Verbot ab?
EKD-Vertreterin: Das Dilemma, das hier auftritt, ist unmöglich aufzulösen. Die Frau hat ein Recht darauf, selbst über ihr Leben zu entscheiden, doch nichtsdestotrotz muss das werdende Kind, das ein Geschenk Gottes ist, geschützt werden. Das Einzige, was der Kirche also bleibt, ist die Entscheidung zu respektieren.
Moderatorin: Vielen Dank für Ihre Zeit. Hier haben wir also gesehen, dass die Position der Evangelischen Kirche nicht eindeutig ist. Vielmehr stellt sie sich hinter die Frau, lässt diese selbst entscheiden. Ganz anders ist das bei der katholischen Kirche. Als Vertreter hat ein Pfarrer aus Düsseldorf uns aufgeklärt.
Katholischer Pfarrer: Jedes Kind, das gezeugt wird, ist ein Geschenk Gottes. Er hat dieses neue Leben erschaffen und vom ersten Augenblick seit der Befruchtung Liebe geschenkt. Schwache menschliche Leben wie diese zu schützen, ist die Aufgabe der Kirche und hat oberste Priorität.
Moderatorin: Aber ist dieses Kind schon ein Mensch? Viele Menschen zählen den Embryo erst nach einigen Monaten als menschliches Leben. Was halten Sie davon?
Katholischer Pfarrer: Die katholische Kirche hält diese Festsetzungen für willkürlich und unbegründet. Mithilfe der modernen Genetik besteht keine Zweifel daran, dass mit der Befruchtung menschliches Leben beginnt. Man kann den Embryo also als „Mensch in seiner ersten Lebensgestalt“ bezeichnen. Abtreibung oder Tötung sind Verbrechen, die mit der Exkommunikation, also dem Ausschluss aus der Kirche, bestraft werden. Diese Sicht der Kirche beruht auf den Zehn Geboten, in denen Tötung ausdrücklich abgelehnt wird.
Moderatorin: Vielen Dank. Dies ist eine sehr radikale Position, die die katholische Kirche offiziell vertritt. Doch auch manche evangelische Christen, sogenannte Evangelikale, scheuen nicht davor zurück, die Meinung der EKD „über Bord zu werfen“.
Lebensschützer: Wir sind die sogenannten Lebensschützer von „40 Days für Life“ und wir protestieren vor der Pro-Familia-Beratungsstelle in Pforzheim gegen die Abtreibung im „stillen Gebet“.
Moderator: Die EKD grenzt sich jedoch klar von diesen Menschen ab.
EKD-Vertreterin: Das „Gebet“ der Lebensschützer wird missbraucht, um die Frauen zu diffamieren. Wir lehnen dies ab, so wie Jesus es getan hätte.
Moderatorin: Auch die Vertreter der feministischen Theologie lehnen die Arbeit der Lebensschützer klar ab.
Feministische Theologin: Die schwangere Frau hat jedes Recht der Welt, selbst über ihren eigenen Körper zu entscheiden. Wie kann man sie dazu zwingen, etwas Ungewolltes auszutragen, gegen ihren Willen, und sich dann ein Leben lang darum zu kümmern? Die Eigenverantwortung der Frau bei diesem Thema ist ein klarer Ausdruck der Menschenwürde und unumgänglich. Wir sind klar der Meinung: Weg mit 218!
Moderatorin: 218. Dies ist der Paragraph im Strafgesetzbuch, der Abtreibung unter Strafe stellt. Während die katholische Kirche und die Lebensschützer Abtreibung unter Strafe stellen wollen, fordern die Feministen und sogar die Evangelische Kirche, ihn zu streichen. Doch nicht nur die Religionen sind sich uneinig. Auch verschiedene ethische Vertreter streiten über diese Frage: Der australische Philosoph Peter Singer, ein bedeutender Vertreter des Utilitarismus, für den der Nutzen einer Handlung im Vordergrund steht, vertritt folgende Auffassung, die wir nun von einem seiner Schüler hören.
Utilitarist: Viele Menschen sehen ihr eigenes menschliches Leben als unantastbar. Doch mit welchem Recht? Sie glauben, sie hätten etwas, das anderen Lebewesen verwehrt ist. Es geht um das sogenannte Selbst-Bewusstsein. Das macht aus ihnen, aus irgendeinem Menschen eine Person. Eine Person mit dem Recht zu leben. Doch diese Auffassung bedeutet auch, dass Neugeborene keinerlei Recht auf Leben besitzen. Da sich das Selbst-Bewusstsein erst Monate nach der Geburt entwickelt hat, wäre eine Tötung bis zu diesem Zeitpunkt ethisch zu rechtfertigen.
Moderatorin: Also sollte Abtreibung erlaubt sein?
Utilitarist: Ja, sogar mehr noch. Der Utilitarismus vertritt die Auffassung, dass sogar noch innerhalb eines Monats nach der Geburt entschieden werden sollte, das Kind am Leben zu halten oder, wenn Ärzte ein Leben voller Qualen voraussehen, das Kind zu töten.
Moderatorin: Wie wir sehen, hat der Utilitarismus eine sehr radikale Position. Die deontologische Ethik hat eine andere Sichtweise. Hören wir nun einen Kollegen des verstorbenen katholischen Philosophen Robert Spaemann.
Deontologe: Die Auffassung, dass nur die Menschen Personen sind, die im Moment ein Selbst-Bewusstsein haben, bringt mit sich, dass es am Ende keine Personen mehr gibt. Da jeder Schlafende das Selbst-Bewusstsein verliert, also keine Person mehr ist, kann es nur noch „personale Zustände“ geben. Weiterdenkend kann eine Kind nur dadurch lernen, sich als Person auszudrücken, dass es von der Mutter schon angelächelt wird, bevor es weiß, was „Ich“ ist. Wir vertreten die Meinung, dass alle Individuen Personen sind, auch wenn sie das noch nicht, nicht mehr oder gar nicht zeigen können. Daraus folgt ein Lebensrecht des Kindes von der Befruchtung, also dem Moment, als es Person wurde, an und ein Verbot von Abtreibungen.
Moderatorin: Vielen Dank für alle Meinungen, die wir heute hören durften. Meiner Meinung nach waren die Ausführungen sehr aufschlussreich, ich hoffe, euch geht es genauso. Wenn ihr gerne mehr von diesen Formaten hören möchtet, meldet uns das gerne zurück. Danke, dass ihr zugehört habt, bleibt dran.