Der Wirtschaftskurs (JS2) erfährt mehr über Fusionskontrolle, Missbrauchsaufsicht und Kartellverfolgung.
Was es mit diesen genau auf sich hat, haben wir in einem virtuellen Rundgang mit Herr Dr. Jonas Severin Frank am 25.10.2021 erfahren dürfen. Er selbst ist Ökonom und arbeitet bereits seit vielen Jahren beim Bundeskartellamt in Bonn. Hier wird er von seinen rund 400 MitarbeiterInnen, bestehend aus Juristen und Ökonomen und dem Präsidenten Andreas Mundt an der Spitze, tatkräftig unterstützt.
Der Gedanke des freien Wettbewerbs wurde zum ersten Mal nach dem 1. Weltkrieg von den Amerikanern nach Deutschland gebracht. Die Idee war und ist bis heute, dass freier Wettbewerb zum einen die allokative Effizienz sichert, also niedrige Preise und eine große Auswahl für den Konsumenten und hohe Qualität der Güter, sowie die dynamische Effizienz, was einfache Markteintritte für jeden ermöglicht und dadurch viel Innovation bietet. Es muss also Wettbewerb geschaffen und geschützt werden, auch wenn dieser unbequem ist.
Demnach wurde 1958 das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen eingeführt, was zur Gründung des Bundeskartellamts in Deutschland führte. Unter dem ersten Präsidenten Dr. Eberhard Günter standen lediglich 53 MitarbeiterInnen in Berlin, bevor die Behörde 1999 nach Bonn umzog.
Heute bearbeiten sie unter anderem große Verfahren gegen Amazon, Google, Apple und Facebook, mit einem Budget von ca. 40 Mio € im Jahr.
Diese Verfahren sind häufig sehr langwierig, da den Unternehmen zuerst eine wettbewerbsbeschränkende Stellung nachgewiesen werden muss, der Prozess mit Facebook läuft z.B. schon seit 2016. Um diese Hürde beiseite zu räumen, wurde 2021 die „10. Novelle“ in Kraft gesetzt, in der ein neuer Machtbegriff definiert ist. Dieser soll die Verfahren deutlich vereinfachen, da Unternehmen schneller eine ‚überragende, machtübergreifende Bedeutung‘ zugeschrieben werden kann. Außerdem soll das Bundeskartellamt aktuell gehalten werden, da das Internet und der Handel mit Daten neue Herausforderungen bereithalten.
Hier wurde 2017 nun auch der Verbraucherschutz als weitere Aufgabe miteingeführt. Allerdings kann das Bundeskartellamt Verstöße nur anprangern, für die Rechtsprechung sind die Gerichte zuständig. In diesem Bereich, wie auch in vielen anderen, hätte die Behörde gerne erweiterte Befugnisse, um ihre Arbeit zu erleichtern.
Denn auf den Schreibtischen stapeln sich die Akten. Jedes Jahr werden vom Bundeskartellamt unter anderem über 1000 Fusionen kontrolliert. Diese folgen alle dem typischen Entscheidungsweg. Die Fälle werden in ihrer jeweilig zuständigen Beschlussabteilung bearbeitet, die grob nach Wirtschaftssektoren gegliedert sind. Anschließend wird in einem unabhängigen Dreiergremium eine Mehrheitsentscheidung gefällt. Dann muss nur noch der Wirtschaftsminister den Fall absegnen, oder auch eingreifen. Dieser kann nämlich Gemeinwohlgründe miteinbeziehen, wie z.B. viele Arbeitsplätze, die geschaffen werden, während das Bundeskartellamt alleinig beurteilen darf, ob der freie Wettbewerb eingeschränkt wird. Diese deutsche Besonderheit der sogenannten „Ministererlaubnis“ hält Herr Frank allerdings für sinnvoll, zudem diese nur äußerst selten eingesetzt wird.
Im Normalfall werden Verfahren also normal abgeschlossen. Und dann? Bekommt das Bundeskartellamt Recht gesprochen, hat dies meist weitreichende Konsequenzen. Das Auswirkungsprinzip sorgt dafür, dass internationale Unternehmen die Bestimmungen oft weltweit umsetzen, auch wenn die formellen Regelungen lediglich für Deutschland gelten.
Der Vortag hat uns SchülerInnen einen breiten und weitreichenden Einblick in die vielfältigen Aufgaben des Bundeskartellamts ermöglicht. Wir haben gelernt, dass die Behörde weitaus mehr Einfluss und Aufgabenbereiche hat, als man vielleicht zunächst annimmt. Dr. Jonas Severin Frank konnte unsere Fragen allesamt fachkompetent und souverän beantworten und hat unserem Wirtschaftskurs mit dieser besonderen Gelegenheit eine große Freude bereitet.
(von Jan Baus und Marah Schatz)